Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gerald Purucker erklärt die Aussagen des Gutachtens zum Lisdorfer Berg.
Welche Auswirkungen eine mögliche Erweiterung des Lisdorfer Berges auf unser städtisches Klima hat, wollten die Grünen wissen. Im Ausschuss für Nachhaltigkeit, Ökologie und Verkehr wurde das beauftragte Gutachten vorgestellt. Teil 1 des Gutachtens, welches das innerstädtische Klima betrifft, verheißt nichts Gutes für die städtischen Lagen (wir berichteten).
Teil 2 des Gutachtens befasst sich mit den Auswirkungen einer möglichen industriellen Bebauung auf dem Lisdorfer Berg:
Wer aus dem Rathaus kommt, ist schlauer ?
Wer vom Rathaus kommt, ist schlauer, heißt es in einem Sprichwort. Die Vorstellung des Gutachtens fand zwar Corona-bedingt im Theater am Ring statt, jedoch dürfte so manche/r Stadtverordnete/r von den Ausführungen des Gutachters Peter Trute aus Hannover überrascht worden sein. Bereits im Vorfeld der Gutachtenvorstellung wurde nämlich schon von einem „…ganz klarem Ergebnis für eine Erweiterung des Lisdorfer Industriegebietes…“ gesprochen. Gerade so, als ob die klimatischen Bedingungen einzig und allein das entscheidende Indiz für eine Befürwortung wären.
Peter Trute, Chef der Gutachterfirma Geo-Net GmbH legte dar, dass es in der Klimatologie keine Richtwerte gibt. Das mache die Beurteilung besonders schwer. Die fehlenden Richt- bzw. Grenzwerte ermöglichen nur eine Art Richtschnur. Aspekte wie Ökologie, Flächenverbrauch, Artenschutz, Landschaftsbild, Umweltbelastungen wie Lärm, Feinstaubentwicklungen oder Lichtverschmutzung werden im vorliegenden Klimagutachten nicht berücksichtigt. Die Fragestellung ging ganz klar in eine Richtung: „Haben die Frischluftgebiete auf dem Lisdorfer Berg Auswirkungen auf die Erwärmung der Siedlungsgebiete? Nicht mehr und nicht weniger.
Klar ist: auf der in Rede stehenden Erweiterungsfläche des Lisdorfer Berges entsteht Kaltluft. Diese zieht auch aufgrund ihrer schwereren Masse hangabwärts. Ob und welche Auswirkungen das auf die Einwohner*innen und ihren Schlaf haben könnte, wollen wir im Folgenden kurz erläutern. Wir bleiben dabei sachlich und gehen nicht auf die mannigfaltigen Argumente ein, die einer Erweiterung des Lisdorfer Berges entgegenstehen. Wir betrachten einzig und allein den Kaltluftaspekt.
Herr Trute stellte eingangs das Untersuchungsgebiet (Abb1.) vor. Dabei orientiert sich das Untersuchungsgebiet aus dem geplanten Flächennutzungsplan des Jahres 2010. Das Plangebiet ist von nahezu hindernisarmen Agrarflächen durchzogen und von Gefälle geprägt. Tagsüber werden Temperaturen über 35 Grad erreicht, wobei nachts Kaltluftzonen entstehen, wie nachfolgdende Abbildungen zeigen.
Abb. 3 zeigt, dass das bereits bestehende Industriegebiet (mit der bei der Messung bestehenden Bebauung) auch nachts erhebliche Auswirkungen auf das umliegende Temperaturfeld hat. Mit Temperaturen über 20 Grad herrschen am Bestand des Industriegebietes tropennächtliche Bedingungen vor. Auch in Neuforweiler werden bereits hohe nächtliche Temperaturwerte erreicht.
Laut Gutachten ist zu erwarten, dass sich der Bereich der Planfläche infolge der möglichen Nutzungsänderung von Frei- und Ackerflächen auf Gewerbe oder Industrie und der damit verbundenen zusätzlichen Versiegelung erheblich erwärmen wird. Ein starker (negativer) Einfluss auf die Kühlwirkung kann im Plangebiet nur durch den Erhalt von Grün- und Freiflächen und eine möglichst versiegelungsarme Ausgestaltung der Bauflächen vermieden werden.
Peter Trute vom Geo-Net GmbH berichtete weiter: „Man kann in der Planfläche in eine Nutzung einsteigen. Gewerbe und Industrienutzung wären verträglich, wenn diese Fläche versiegelungsarm bebaut wird. Umfangreiche Umweltmaßnahmen wie Anpflanzungen, Dach- und Fassadenbegrünungen sind notwendig. Grünachsen müssen aber auch aus der Bebauung ausgenommen werden (blaue Fläche Abb.9). Auf einer Fläche von etwa 36 ha wäre Gewerbe/Industrie von hoher Dichte und Geschossigkeit aus klimatologischer Sicht möglich. Andere Aspekte zum Arten- und Umweltschutz oder die Aspekte Immissionsschutz (Lärm, Luftverunreinigungen, Licht, Wärme) betrachtet dieseS Gutachten nicht“.
Auf eine Frage, ob es nicht besser wäre, statt offener, gar keine Bebauung vorzunehmen, oder einen Alternativstandort zu suchen, antwortete Trute: „Es ist immer besser, möglichst viel Grünflächen freizuhalten. Sollte es einen Alternativstandort geben, so ist gleiches Verfahren für diesen Stadtort vorzunehmen und zu vergleichen, welcher Standort dann besser wäre“.
Mahren staunt: Plötzlich viele Ökologen im Stadtrat
Grünen Fraktionsvorsitzender Gabriel Mahren resümierte zum Schluss: „Aufgrund der zahlreichen Wortbeiträge und Anregungen meiner Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat bin ich ziemlich erstaunt. Es erscheint mir, als sei ich seit Jahren von lauter Ökologen und Klimaschützern umgeben gewesen, ohne es zu merken. Das wird sich wohl ändern, wenn es zum Schwur kommt…“.
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